mario::konrad
programming / C++ / sailing / nerd stuff
Grosscomputer kontra Netzwerk von Kleinsystemen
© 1996-06-01 / Mario Konrad

Wie kommt man dazu eine Meinung wie “Die Zukunft der Computer gehört kleinen vernetzten Systemen, das Zeitalter der Grosscomputer ist vorbei” als Computerfirma zu vertreten ?

Nun, die Vertretung der eigenen Interessen, die Position am Markt und deren Vertretung gegenüber den Konkurrenten, steht für eine Firma, welche Geld verdienen und somit Überleben will, im Vordergrund. Nicht sehr oft kommt es vor, dass Ideologie sich gegenüber der Finanz durchsetzt. Dennoch gibt es gute Argumente, welche eine Meinung, wie die oben Zitierte, unterstützen.

Grossrechner sind, wenn man so will Computer am Stück, mit mehreren Zugangsmöglichkeiten, welche relativ einfach unter Kontrolle gehalten werden können. Sie sind klobig, Voluminös und wenn man sie deplatzierten möchte, benötigt man einen Kran und allenfalls ein starkes Lastfahrzeug. Vernetzte Systeme sind sehr viel Flexibler da bei Wartung oder der genannten Deplatzierung nur die einzelnen Kleinsysteme transportiert und am Bestimmungsort wieder ans Netz angeschlossen werden können. Diese Flexibilität wirkt sich auch in anderen Bereichen wie Installation oder Konfiguration aus. Die Hardwarekomponenten können mehr oder weniger individuell auf- oder umgerüstet werden, ganz nach belieben. Dies kann sich für eine Firma als grossen Nutzen erweisen. Die Software, welche eingesetzt wird unterscheidet sich je nach Abteilung. In kaufmännischen Bereichen wird andere Software benötigt als in Entwicklungs- oder Speditionsabteilungen. Wartungs- und Unterhaltungsabteilungen setzten wiederum andere Software ein. So kann bei einer Vernetzung von vielen Kleinsystemen jedem Benutzer der Rechner sehr individuell installiert werden, was ein Grossrechner praktisch verunmöglichen.

Illustration des Unterschiedes zwischen einem Grossrechnersystem und einem Netzwerk von kleinen und mittelgrossen Systemen. Die Grösse des Rechners ist mit der Dicke der Umrandung angedeutet:

Bei der Vernetzung von Kleinsystemen ergibt sich also auch der Vorteil von heterogenen Netzen, d.h. Netze mit unterschiedlichen Arten von Systemen, Systeme je nach Anwendungsbereich, Beispielsweise die oben genannten. Die rasante Entwicklung der Computerindustrie und -technik begünstigt die Vernetzung von Kleinsystemen. Man sagt:ein Computersystem muss im professionellen Einsatz muss innerhalb von zwei bis drei Jahren amortisiert sein, sonst lohnt es sich eigentlich nicht. Muss man nun alle zwei bis drei Jahre einen neuen Grosscomputer anschaffen, wird dies unter Umständen viel teurer als wenn man individuell und systematisch die Kleinsysteme ersetzen oder aufrüsten kann.

Natürlich hat das Internet, welches auch aus vielen einzelnen kleinen bis mittleren Systemen besteht, die Vernetzung gefördert. Man sieht die Vorteile der weltweiten Kommunikation und beginnt sie zu nutzen. Warum denn nicht auch in etwas kleinerem Rahmen, Beispielsweise in Firmengrösse. Wenn das Grosse funktioniert, warum soll das kleine Pendant nicht auch Funktionieren. Nur Teilweise wird es mit der Vernetzung auch übertrieben. Arbeiten oder die sog. Kommunikation zwischen den Leuten, was vor der Vernetzung von Hand bzw. Persönlich erledigt wurde, wird heute mit e-Mail und einem grossen Aufwand an Soft- und Hardware bewältigt. Will man allerdings das System über grosse Distanzen zugänglich machen, so hat die Vernetzung wieder erhebliche Vorteile gegenüber dem Grosssystem. Die Grosscomputer sind aber nicht nur klobig, sondern bringen auch echte Vorteile in speziellen Bereichen gegenüber der Vernetzung.

In technisch-wissenschaftlichen oder rein wissenschaftlichen Bereichen der Grundlagenforschung haben die Grosscomputer wegen der höheren Rechenleistung Vorteile. Es gibt sogar Aufgabenbereiche, welche gar nicht von vernetzten Systemen bewältigt werden können, Beispielsweise Wolkensimulationen. Womöglich wäre es möglich viele kleine Systeme an dieser grossen Aufgabe arbeiten zu lassen. Dies wäre aber nicht mit einem sinnvollen Aufwand zu bewerkstelligen. Vielleicht wird in der Zukunft auch dieser Bereich von den immer intelligenter werdenden Netzen übernommen. Dies kann man aber heute nicht abschätzen da auch die Entwicklung der Grosscomputer nicht stehenbleibt. Die Parallelcomputer haben in letzter Zeit grosse Fortschritte gemacht. Der Aufwand für die Wartung der beiden Systemarten (Grosscomputer versus Netzwerk von Kleinsystemen) ist in etwa gleich. Beim Grosscomputersystem muss ein System gewartet werden, nämlich das Grosse. Beim Netzwerk ist der Aufwand pro System zwar kleiner, dafür sind es viele Systeme. Viel mal wenig gibt auch wieder viel. So ist der Aufwand nur im konkreten Fall abzuschätzen, was an dieser Stelle nicht möglich ist, da es unendlich viele Fälle gibt. Die Anschaffungs-, Wartungs- und Unterhaltskosten sind sehr davon abhängig, welchen Umfang das betreffende System hat. Ein sehr grosses Netzwerk kann die Kosten eines Grossrechnersystems bei weitem überschreiten. Ein Grosscomputer ist preislich auch nicht gerade in unteren Regionen anzusiedeln. Welche Art von System die Geeignetere ist, ist von Fall zu Fall zu unterscheiden. So komme ich zur Überzeugung, dass die Aussage am besagten Kongress der besagten Firma dem Firmeninteresse und nicht idealistischen oder objektiven Gedanken gilt.